Mit Schumann und Zeitgenossen traf Alexander Yakovlev ins Schwarze.
Von Daniel Diekhans
Furios — anders kann man das Klavierspiel von Alexander Yakovlev nicht nennen. Schier grenzenlos war die Energie, mit der der 1981 geborene Pianist den Flügel der Klosterkirche spielte und dessen dynamische Möglichkeiten auskostete. Nach jedem Stück dankten es ihm 90 Zuhörer mit stürmisch-herzlichem Applaus.
Nur auf den ersten Blick erstaunlich war, dass er Schubert, Schumann und Brahms so überschäumend interpretierte. Romantische Klaviermusik also, die oft einseitig als empfindsame Klangpoesie verstanden wird. Yakovlev, anerkannt als hochvirtuoser Vertreter der russischen Klavierszene, zeigte die Romantiker dagegen als die jungen Wilden, die sie zu Lebzeiten gewesen waren. Ihrer Musik tat das sehr gut. Zunächst den «Deutschen Ländlern» von Schubert. Im zum Fortissimo drängenden Spiel hörte man die widersprüchlichen Stimmungen der Tänze: größte Ausgelassenheit, trotzige Melancholie, stille Freude. Das Rhythmus-Gerüst bildeten die kräftigen Akzente, die der Interpret auf den schnellen Dreivierteltakt legte.
Ewig jung war in Yakovlevs Lesart auch der Schumann des «Carnaval». Jene 22 Charakterstücke, in denen der Komponist Kollegen wie Chopin und Paganini, aber auch den Frauen seines Lebens, Ernestine von Fricken («Estrella») und natürlich Clara («Chiarina»), musikalische Denkmäler setzte. Mit muskulösem Anschlag und brillanten Läufen schritt Yakovlev durch den Zyklus, bis ihm der Schweiß auf die Stirn trat. Genauso wichtig waren hier zart fließende Zwischentöne, die ihm dank Pedalspiel gelangen. Die überzeugende Interpretation erntete viele Bravo-Rufe.
Rasant ging es weiter mit den Händel-Variationen, die Brahms einer «lieben Freundin» — niemand anderem als Clara Schumann — gewidmet hat. Yakovlev versah das barocke Thema mit kräftigen Trillern und wechselte bei den Variationen zwischen feurigen Kabinettstückchen und zurückgenommenem Farbenspiel. Die Fuge selbst zündete mit gewaltiger Klangfülle. Ohne zu verschnaufen, stellte sich Yakovlev der nächsten Herausforderung: Brahms' Paganini-Variationen an, die mit Oktavgängen, Arpeggien und diffizilen Rhythmen die Grenze des Spielbaren weiter ausreizten.
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