Eleganz, Grazie und Verspieltheit: Nadezda Pisareva interpretierte nicht nur Mozarts «Sonate C-Dur KV 330» gekonnt.
Foto: Axel EngelsNottuln —
Nadezda Pisareva hatte das Publikum mit ihrer sympathischen Art schon auf ihrer Seite, ehe sie nur eine einzige Note gespielt hatte. Doch auch mit ihrer Musik bezauberte sie die Zuhörer.
Von Axel Engels
Eine Klaviermatinee so ganz nach dem Geschmack der vielen Musikliebhaber präsentierte Nadezda Pisareva am Sonntag in der Alten Amtmannei. Im Rahmen der " Weltklassik am Klavier «-Reihe gewann die Künstlerin mit ihrer natürlichen Art die Sympathien des Publikums, bevor sie noch einen einzigen Ton gespielt hatte. Nadezda Pisareva, deren Eltern ebenso renommierte Pianisten sind, stellte ganz im Stile der russischen Klaviertradition von Neuhaus und Merzanov ihre exquisite Pianistik ganz in den Dienst einer in sich reifen Interpretation.
Sie begann ihr mit «Im Reich der Fantasie» betiteltes Programm mit der allseits bekannten «Sonate C-Dur KV 330» von Wolfgang Amadeus Mozart, die seit der Einspielung von Vladimir Horowitz wohl stets mit dessen Spiel verbunden wird. Hier widerstand sie der Versuchung, einen ähnlichen gestalterischen Weg wie der große Klaviervirtuose zu gehen, stellte stattdessen in den beiden schnellen Sätzen die Eleganz, Grazie und Verspieltheit dieses Werkes in den Vordergrund. Dadurch erhielten Verzierungen und Manierismen ein anderes Gewicht. Und auch bei dem lyrischen langsamen Satz wusste Ihre Vorlieben liegen aber wohl eher bei der romantischen Klavierliteratur, wobei die Werke von Robert Schumann ihrer ausdrucksstarken Spielweise sehr entgegenkamen. Mit den «Fantasiestücken op. 12» hatte sie einen Zyklus gewählt, bei dem sie Poesie und Fantasie bestens verband. Die erst nach Vollendung von Robert Schumann hinzugefügten Titel der acht Stücke waren für Nadezda Pisareva eher Anregung als Verpflichtung, sie spielte diese Stücke wie vom Staub der Zeit befreit mit einer sehr lebendigen Klanggestaltung. Ihre Virtuosität setzte sie dabei sehr dezent ein, sodass auch feine Figurationen den Melodiefluss nie überdeckten.
Nach der Pause ging es mit dem «Vers la flamme op. 72» von Alexander Skriabin genauso gefühlsbetont weiter. Dieses sehr späte Werk des Visionärs Skriabin wurde von Vladimir Horowitz weltweit bekannt gemacht, und auch hier zeigte Nadezda Pisareva eine sehr individuelle Auffassung. Die relativ simple Melodie erstrahlte über dem fast mystischen Harmoniegerüst, und die mit spieltechnischen Schwierigkeiten gespickte Begleitung erklang bis ins kleinste Detail genau.
Über welch großes dynamisches Spektrum die Künstlerin verfügt, zeigte sich in den Etüden Nr. 11 und 12 aus «Douze Etudes op. 8», bei denen sie in den langsamen Partien klangmalerisch agierte und in den bravourösen Teilen ihrer Spielfreude freien Lauf ließ.
Für eine in Moskau ausgebildete Pianistin, die in Berlin zusätzliche Impulse durch den bekannten Pianisten Klaus Hellwig erhalten hat, stellen die «Deux Légendes S. 175» von Franz Liszt keine allzu große Herausforderung dar. Während oftmals reine Virtuosen durch ihre brillanten und auf Effekte ausgerichtete Spielweise diese Franz von Assisi und Franz von Padua gewidmeten Legenden zu reinen Bravourstücken degradieren, spürte Nadezda Pisavera den erzählerischen Inhalten jenseits des reinen Notentextes nach. Dadurch wurde der mystische Gehalt dieser beiden Legenden sehr deutlich spürbar.
Mit Egon Petris Bearbeitung des «Schafe können sicher weiden» aus Johann Sebastian Bachs Kantate BWV 208 bedankte sich Nadezda Pisavera bei ihrem begeisterten Publikum