Klavirkonzert Alexnder Yakovleerv spilte Mozart, Brahms und Mussorgski.
Bad Ems. Als «Weltklassik am Klavier — Bilder einen Ausstellung» war die jüngste Ausgabe der hochkarätigen im Bad Emser Marmorsal betitelt. Das interessierte Publikum, darunter zahlreiche russische Gäste, erlebte dank der Pianisten Alexander Yakovlev eine fulminante Aufführung eines der populärsten russischen Werke und ließ sich auch von seinen großartigen Mozart — und Brahms — Interpretationen begeistern.
Mozart’sche Verzweiflugsenergie. Der russische Künstler erspielte in wenigen Jahren mehr als 55 erste Preise in renommierten internationalen Wettbewerben und trat mit erstklassigen Sinfonieorchestern auf — zuletzt, bei seinem Debüt im Heimatland, unter Valery Gergiev in Petersburg. Yakovlev eröffnete seinen Vortrag mit Mozarts früher Klaviersonate KV 309. Er modellierte das Werk aus der Reisezeit des Komponisten mit kristallklarer Prägnanz, setzte die Themen kontrastreich gegeneinader. Es war, als wolle er hinter den musikalischen Figuren Menschen entdecken und zum Sprechen, zum Singen, zum Alten, zum Agieren und zum Leiden bringen. In den abschattierten, emotional-dramatischen Passagen hörte man keine romantische Innerlichkeit, sondern Mozart’sche Verzweiflungsenergie.
Mit Fantasien-Zyklus Opus 16 begab sich Yakovlev in die intime Klanwelt von Johannes Brahms. Mit Fantasien-Zyklus Opus 16 begab sich Yakovlev in die intime Klangwelt von Johannes Brahms. Die leicht verhangenen Farben dieser Altersstücke brachte er zu kräftigem Leuchten. «Am Klavier sitzend, fing er an, wunderbare Regionen zu enthüllen. Wir wurden in immer zauberische Kreise hineingezogen. Dazu kam ein ganz geniales Spiel, das aus dem Klavier ein Orchester von wehklagenden und laut jubelnden Stimmer machte». In diesen überschwänglichen Sätzen von Robert Sumann ist nicht die Rede von Alexander Yakovlev, sondern von Brahms selbst. Aber eigentlich macht das kaum einen Unterschied. Yakovlev präsidente einen Brahms, der sich immer im Grenzbereich des gerade noch Darstellbaren bewegt.
Alexander Yakovlev zeigte sich den technischen Schwierigkeiten der Stücke glanzvoll gewachsen und begeisterte sein Publikum im Marmorsaal.Wilden Ritt der Hexe Baba Jaga. Mussorgskis «Bilder einer Austellung», jenes episch breite, im Detail äußerst farbige Tongemälde, bereitete ein einziges ungetrübtes Hörvergnüger. Der Künstler machte spürbar, wie sehr ihm diese Musik am Herzen liegt, in der die russische Seele und Heimatverbundenheit des Komponisten zum Ausdruck kommt. Schon die einleitende Promenade war unwiderstehlich prägnant.
«Gnomus» präsintierte sich als exzentrische Tastenarbeit aus dem Kuriositätenkabinett. Eine wunderschöne Tönung ließ das «Alte schloss» erstehen. Die Arabesken der «Tuilleries» gingen dem Interpreten mit Leichtigkeit von der Hand. «Bydlo», der Ochsenkarren, quälte sich in bildhafter Wirklichkeit vorüber. Der «Marktplatz von Limoges» wurde zur schillernd erregten, schwatzhaften Episode. Die «Katakomben» atmeten Leblosigkeit und Muffigkeit, und beim berühmten «Baba-Jaga» — Stück wandte sich Mussorgskis ungebärdige Musik der Märchengestalt der Hexe Baba-Jaga, ihrem wilden Ritt und wütenden Stampfen zu.
Yakovlev zeigte sich den technischen Schwierigkeiten des Stücks glanzvoll gewachsen. In der grandiosen Schlussoffensive, dem «Heldentor von Kiew», entwickelte er eine Expressivität, die vor vorzivilisatorischen Gewalt geradezu bebte. Hymnische Klänge, Pilgergesang und vielstimmiges Glockengeläut machten das Stück zu einem Manifest russischen Denkens und Fühlens.
Karl Haxel.Rhein-Lahn-Zeitung vom 28.08.2015.
Bad Ems.